Glück als Haltung – Einblick in die Wissenschaft
September 9, 2025
Glück. Ein Wort, das so leicht klingt. So viel ist. Und von den meisten gesucht wird.
Viele Menschen glauben, Glück sei ein Gefühl, das sich einstellt, wenn nur die Lebensumstände stimmen:
Wenn wir gesund sind.
Wenn wir geliebt werden.
Wenn wir Erfolg haben.
Wenn wir sicher sind.
Doch was passiert, wenn das Leben seine Stürme schickt?
Wenn Beziehungen enden, der Körper krank wird oder der Job verloren geht?
Dann bricht oft das Fundament, auf dem wir unser vermeintliches Glück gebaut haben.
Vor einigen Monaten habe ich bereits über das Thema Glück geschrieben. Damals ging es darum, Glück nicht als Belohnung zu sehen, sondern als Entscheidung. Eine Praxis.
Daraufhin habe ich viele Nachrichten bekommen und eine kleine Umfrage gestartet:
„Ist Glück von äußeren Umständen abhängig?“
Fast alle sagten Nein.
Doch ist das wirklich so?
Denn selbst, wenn wir wissen, dass Glück nicht an Statussymbole oder Erfolg gebunden ist – wie sieht es mit Liebe, Gesundheit oder Sicherheit aus?
So oft höre ich (auch von mir selbst):
„Ich bin glücklich, weil ich gesund bin.“ – „Ich bin glücklich, weil ich geliebt werde.“
„Ich bin glücklich, weil ich mich sicher fühle.“ – Und ja – das sind wunderschöne Zustände.
Aber sie sind auch äußere Bedingungen.
Sind wir damit nicht wieder in einer feinen Kausalität gefangen, in der Glück nur existiert, wenn das Leben uns freundlich gesinnt ist?
Ich möchte dich heute auf einen kleinen Exkurs in die Wissenschaft mitnehmen – und gleichzeitig meine ganz persönliche Sicht auf Glück als Haltung teilen.
Glück – keine Emotion, sondern eine Haltung
Glück ist kein Ort, den wir erreichen.
Es ist eine innere Haltung – eine gelebte Entscheidung, immer wieder, Tag für Tag.
Die positive Psychologie, die sich seit den 1990er-Jahren intensiv mit den Bedingungen für Wohlbefinden beschäftigt, zeigt deutlich:
Langfristiges Glück hängt weniger davon ab, was wir erleben, sondern wie wir das Erlebte innerlich bewerten.
(Quelle: Seligman, M.E.P., 2002)
Ich beobachte das auch in meiner Arbeit als Yogalehrerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie:
Menschen, die lernen, sich selbst mit liebevoller Aufmerksamkeit zu begegnen – selbst in schwierigen Phasen –, berichten von einer spürbar größeren inneren Stabilität.
Sie „verlieren“ ihr Glück nicht mehr, wenn das Außen schwankt.
Denn es entsteht in ihnen, nicht durch etwas.
Ein Blick in die Neurobiologie
Aus neurobiologischer Sicht spielt hier unser limbisches System eine zentrale Rolle – es ist unser emotionales Zentrum, das Reize bewertet und entscheidet:
Gefahr oder Sicherheit? Freude oder Angst?
Die bekannten „Glückshormone“ – Dopamin, Serotonin, Oxytocin – werden nicht einfach ausgeschüttet, wenn das Leben „gut“ läuft.
Sie werden aktiviert, wenn wir uns achtsam, verbunden und sicher fühlen – durch bewusste Wahrnehmung, liebevolle Routinen, Nähe, Bewegung, Atem, Berührung, Meditation.
In meiner Praxis sehe ich, wie stark dieser Mechanismus wirkt:
Wenn Menschen lernen, wieder in ihren Körper zu spüren, bewusst zu atmen, sich selbst zuzuwenden, verändert sich etwas auf biochemischer Ebene.
Das Nervensystem reguliert sich.
Der Körper sendet Signale von Sicherheit.
Und das Gehirn reagiert darauf – mit einem Gefühl von innerem Frieden.
(Quelle: Davidson & McEwen, 2012)
Das bedeutet: Glück ist trainierbar.
Nicht durch Kontrolle, sondern durch achtsame Gewohnheit.
Glück in stürmischen Zeiten
Viele glauben, sie müssten „erst“ heilen, „erst“ ihren Körper lieben oder „erst“ genug leisten, um glücklich zu sein.
Aber echtes Glück entsteht oft mitten im Chaos – dann, wenn wir uns selbst liebevoll halten, auch wenn das Außen uns Halt entzieht.
In meinen Retreats spreche ich oft davon, dass Glück sich nicht laut zeigt. Es ist nicht das euphorische „Alles ist perfekt“, sondern das leise „Ich bin okay – auch jetzt“.
Diese Art von Glück ist eine Form von Reife, eine seelische Selbstregulation.
Die Forschung zum Selbstmitgefühl (Kristin Neff, 2011) bestätigt das:
Menschen, die gelernt haben, mit sich selbst sanft und akzeptierend umzugehen, sind langfristig stabiler – unabhängig davon, was das Leben bringt.

Wie wir Glück kultivieren können
Glück als Haltung ist nichts Abstraktes. Es zeigt sich im Alltag – in kleinen Entscheidungen, die dein Gehirn, dein Herz und dein Nervensystem immer wieder daran erinnern:
Ich bin sicher. Ich bin genug. Ich bin verbunden.
Ein paar Beispiele aus meiner Praxis und meinem Alltag:
– Drei bewusste Atemzüge, wenn das Leben einmal zu schnell ist.
– Ein Spaziergang ohne Ziel, nur um dich zu spüren.
– Eine Hand auf dein Herz, wenn Traurigkeit auftaucht – und ein „Ich bin da & darf traurig sein“.
– Ein Moment der Dankbarkeit, ohne etwas verändern zu wollen.
Das sind keine großen Dinge.
Aber sie sind Signale an dein System: Du bist lebendig, du darfst fühlen, du darfst ruhen.
Deine Einladung
Vielleicht magst du dich heute fragen:
🌿 Welche kleinen Entscheidungen kann ich heute treffen, um meine innere Haltung zu stärken?
🌿 Wo kann ich Glück als gelebte Praxis statt als Ziel sehen?
🌿 Wie kann ich mir selbst Halt geben – ohne zu warten, dass das Außen perfekt ist?
Impulse zum Mitnehmen
Glück ist die Kerze, die du schon jetzt in deiner Hand hältst.
Doch um dieses Licht zu nähren, braucht es mehr als nur gute Gedanken. Unser inneres Gleichgewicht entsteht auf vielen Ebenen — körperlich, emotional, mental und seelisch.
In meinem nächsten Beitrag möchte ich mit dir tiefer eintauchen in das Thema Ganzheitliche Gesundheit:
Was bedeutet es wirklich, im Einklang mit Körper, Geist und Seele zu leben?
Und welche Säulen tragen uns, wenn das Leben herausfordernd wird?
Denn Glück ist keine isolierte Erfahrung — es ist ein Ausdruck von Balance.
🤍 Ich freue mich, diesen Weg mit dir gemeinsam weiterzugehen.
In Liebe, Steffi

Quellen
Seligman, M.E.P. (2002). Authentic Happiness: Using the New Positive Psychology to Realize Your Potential for Lasting Fulfillment.
Davidson, R.J., & McEwen, B.S. (2012). Social influences on neuroplasticity: Stress and interventions to promote well-being. Nature Neuroscience, 15(5), 689–695.
Neff, K. (2011). Self-Compassion: The Proven Power of Being Kind to Yourself.