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Das Wunder der Atmung – eine physiologische Betrachtung

März 13, 2022

Sich gesund zu ernähren, für körperliches Wohlbefinden zu sorgen, ausreichend zu Trinken und genügend Erholungsphasen einzulegen – das ist in aller Munde. Längst in den Köpfen vieler Menschen angekommen – der Lifestyle gesund zu leben. Oft außer Acht gelassen und wenig beachtet bleibt dabei unsere Atmung. Den größten Teil unserer Energie beziehen wir jedoch über die Atmung. Es ist das erste was wir tun, wenn wir auf die Welt kommen und auch das letzte, wenn wir sie verlassen. Wir müssen nicht lernen zu atmen. Es ist ein Prozess, der automatisch funktioniert. Eigentlich!!! Die Frage ist, ob wir denn auch alle Potenziale nutzen, die wir aus einer optimalen Atmung ziehen könnten?!

So oder so, wird schnell klar, welchen Stellenwert die Atmung eigentlich einnehmen sollte. Warum du einen starken Fokus auf das Wunder der Atmung in deinem Alltag und in deiner Praxis legen solltest, erfährst du hier und zwar in mehreren Teilen. Heute soll der Fokus des Wunder der Atmung auf einer physiologischen Betrachtung liegen.

 

Die Atmung – feinstoffliche Energie

Der Mensch braucht am Tag ca. 6.000 kcal Energie – sagen große Yogameister. Hmm, ist nicht immer von 2.000 kcal Energiebedarf am Tag die Rede?! Ist doch schließlich der Wert, der auf allen möglichen Lebensmitteln angegeben ist oder?! Ja stimmt. Aber das bezieht sich auf Energie, die wir aus grobstofflicher Nahrung gewinnen. Also allem, was wir in fester oder flüssiger Form zu uns nehmen. Gern vergessen wir den feinstofflichen Anteil bei der Energiegewinnung – also die Energie, die wir über die Atmung in Form von Gasen zu uns nehmen. An dem Verhältnis von grobstofflicher und feinstofflicher Energie wird hier schon das erste Mal klar, welchen Wert die Atmung eigentlich für uns hat. In meinen Yoga Stunden vermittle ich grundsätzlich auch immer Hintergrundwissen zu den physiologischen Prozessen im Körper. Je bewusste dir die Abläufe in deinem Körper sind, desto achtsamer kannst du mit ihm umgehen und je tiefer ist das Verständnis in deinem Unterbewusstsein. Daher tauchen wir etwas tiefer in die Physiologie der Atmung ab.

Physiologie der Atmung – Wissenschaftlicher Hintergrund

Strukturen des Körpers, die direkt am Luftaustausch beteiligt sind, bezeichnet man als Atmungsorgane, Atemwege, Atmungsapparat oder respiratorisches System (von lat. respirare = ausatmen) (1). Die Atmung wird in zwei Phasen, die äußere und innere Atmung, unterteilt. Der Nasenraum stellt den ersten Teil unserer Atemwege dar. Die Mundhöhle gehört rein physiologisch gesehen eigentlich zum Verdauungssystem und dient lediglich als Ersatz für die Nase, wenn diese nicht für die Atmung frei ist. Das ist auch der Grund, warum wir primär durch die Nase atmen sollten. Ein und aus versteht sich!

Über den Kehlkopf nimmt die eingeatmete Luft ihren Weg in die Luftröhre bis in die Bronchien und Bronchiolen. Diese verzweigen sich noch einmal in mikroskopisch feine Ästchen, die Alveolen (Lungenbläschen). Bis zu diesem Punkt wird von äußerer Atmung gesprochen. Durch Diffusion wird über die Alveolen Sauerstoff ans Blut abgegeben (2). Über die Blutgefäße wird dieser zu den einzelnen Geweben bzw. Organen transportiert.

Die innere Atmung wird auch als Gewebeatmung oder Zellatmung bezeichnet. Die Zellatmung beschreibt den biochemischen Prozess, bei dem durch Oxidation aus organischen Stoffen Energie gewonnen wird. Im menschlichen Körper ist der am häufigsten verwendete ‘zu verbrennende’ Stoff Glukose (Einfachzucker/Traubenzucker). Mithilfe des Sauerstoffs wird die aus der Nahrung gewonnene Glukose zu Kohlenstoffdioxid und Wasser abgebaut und Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) freigesetzt. Kohlenstoffdioxid (CO2) ist das Abfallprodukt, welches beim Stoffwechsel entsteht und wird aus den Geweben und Organen über das Blut zurück zur Lunge transportiert. Hier diffundiert es von den Kapillaren in die Lungenbläschen und kann so mit der Ausatemluft aus dem Körper entfernt werden.

Grundsätzlich ist die Atmung zwar eine sogenannte autonome Grundfunktion des Körpers – wie z. B. auch der Herzschlag und die Verdauung – sie kann allerdings zumindest teilweise willentlich beeinflusst werden (3). Was ein großes Geschenk ist, wie du später erfahren wirst.

Ein bisschen Chemie gefällig?

Ist das jetzt ihr Ernst wirst du ich vielleicht fragen…  Ja ist es tatsächlich. Ganz kurz schauen wir uns hier den chemischen Vorgang der Atmung an und ich denke mir etwas dabei, wie du gleich sehen wirst. Wie sieht denn also unsere Atmung als chemische Gleichung aus?

 

Das Wunder der Atmung – eine physiologische Betrachtung

1x Glukose + 6 x Moleküle Sauerstoff -> 6 x Kohlenstoffdioxid + 6 x Wasser

In Worten ausgedrückt reagiert ein (!) Molekül Glukose mit sechs (!) Molekülen Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Der wissenschaftliche Beweis für das Verhältnis aus grobstofflicher und feinstofflicher Elemente, die wir für die Energiegewinnung benötigen. Glukose nehmen wir über die Nahrung auf und Sauerstoff über die Atmung, von dem sechsmal mehr bereitgesellt werden muss, um Energie frei zu setzen.

Dieser Punkt war mir besonders wichtig, da es so klar unterstreicht, dass die Atmung einen deutlich größeren Anteil an der Energiegewinnung hat, im Vergleich zur Nahrung.

Muskeln - unerlässlich für die Atmung

Und schon wieder ein Schlenker zur Seite, sollte doch eigentlich um die Atmung gehen in diesem Artikel?! Ja richtig, aber um einen reibungslosen Ablauf der Atmung zu gewährleisten, ist ein komplexes Zusammenspiel von mehreren Muskelgruppen im Oberkörper nötig. Während der Einatmung (Inspiration) kann man zwischen Brust- und Bauchatmung unterscheiden. Hierbei sind jeweils andere Atemmuskeln hauptsächlich beteiligt:

  • Brustatmung: Zwischenrippenmuskeln werden angespannt – führt dazu, dass sich die Rippen und damit der Brustkorb anheben. Dadurch vergrößert sich das Volumen des Brustraums und die Lunge dehnt sich aus. Unterdruck entsteht und Luft wird in die Lunge eingesaugt.

  • Bauchatmung: das Zwerchfell – unser größter Atemmuskel – wird angespannt. Das Zwerchfell ist eine aus Muskeln und Sehnen bestehende Platte, die unterhalb der Lunge liegt und Brust- und Bauchhöhle vollständig voneinander trennt. Durch Anspannung senkt sich das Zwerchfell und vergrößert den Brustraum nach unten. Die Lungenflügel dehnen sich nach unten aus. Durch den so entstehenden Unterdruck gelangt Atemluft in die Lungen.

Während der Ausatmung (Expiration) entspannt sich die Atemmuskulatur, das Volumen des Brustraums, und damit auch das Lungenvolumen, verkleinern sich. Überdruck entsteht und die Luft strömt aus. Dieser Vorgang verläuft in der Regel passiv, ohne dass eine Anstrengung nötig ist. Durch bewusstes Anspannen der Bauchmuskulatur kann jedoch das Zwerchfell nach oben gedrückt und ein kräftiges Ausatmen gefördert werden. Ein wichtiger Fakt, den wir im Yoga nutzen.

Zusätzlich zu den Zwischenrippenmuskeln bzw. dem Zwerchfell können sogenannte Atemhilfsmuskeln (Brust- und Schultergürtelmuskeln) die Atmung unterstützen. Auch das wird sich im Yoga zunutze gemacht.

Warum gehe ich jetzt hier nun auf die Muskulatur ein? Um dir bewusst zu machen, dass reines Arbeiten an der Atmung nicht ausreicht. Der achtgliedrige Pfade des Yoga beschreibt ganz wunderbar die einzelnen Stufen zu dir Selbst und schlussendlich zur Erleuchtung. Hier haben sowohl die Muskelarbeit, also die Arbeit mit dem Körper über die Praxis von Asanas, als auch die Atmung eine eigene Stufe. Eben weil dies so essentielle Bereich unseres Lebens sind, die einander bedingen und fest in einander greifen.

Also ist die Arbeit mit deinem Körper, die Praxis von Asanas, nicht nur reine Muskelarbeit, mit der du nicht nur etwas Gutes für deinen Körper tust, sondern auch ein wichtiger Faktor für deinen Energiehaushalt. Je kräftiger und elastischer deine Muskulatur ist, desto effizienter ist letztlich auch deine Atmung.

Wichtig zu wissen, wie ich finde!

Lungenkapazität vs. Vitalkapazität

Ok, was ist das nun schon wieder? Ein paar Daten, Fakten und Zahlen fehlen noch, wenn es um die Atmung geht… Den Bogen zum Yoga  schlage ich dann in meinem nächsten Artikel, wir wollen es mal nicht übertrieben mit Input an dieser Stelle.

Bei Erwachsenen beträgt das nutzbare Lungenvolumen („Vitalkapazität“) etwa 4–6 l. Hier ist das Luftvolumen gemeint, das man nach maximaler Einatmung maximal wieder ausatmen kann – also das willentlich beeinflussbare Volumen der Lunge. Die doch recht breite Spanne ist zum einen von den körperlichen Gegebenheiten abhängig, aber vor allem auch von dem Trainingsstatus der Lungen. Bei Ausdauersportlern, Yogis und Menschen, die intensiv Atemübungen praktizieren, ist die Vitalkapazität deutlich erhöht. Also das Lungenvolumen, das sie mit einem tiefen Atemzug aufnehmen können. Wobei ungeübte Menschen nur ca. 2/3 ihres Lungenvolumens nutzen.

Die Lungenkapazität ist hingegen als die totale Lungenkapazität definiert und beinhaltet auch den Teil des Lungenvolumen, den wir nicht willentlich beeinflussen können. Das Restvolumen (Residualvolumen) ist die Restluft, die in den Lungenbläschen verbleibt, damit diese nicht kollabieren.

Mein Fazit

Wer meine bisherigen Artikel kennt, weiß dass es am Schluss immer ein persönliches Fazit gibt. Das möchte ich an dieser Stelle auf den nächsten Artikel verschieben, den zweiten Teil zum Thema Wunder der Atmung. Das war doch recht viel Input an dieser Stelle, also lass uns einmal tief durch atmen damit das alles in Ruhe wirken kann, bevor es im nächsten Artikel um die Atmung im yogischen Kontext geht.

Das Wunder der Atmung – eine physiologische Betrachtung

Mein bescheidenes Wissen zu diesem Artikel habe ich aus eigenen Erfahrungen, aus meiner 2-jährigen Yogalehrerausbildung nach den Lehren von Swami Sivananda, aus Gesprächen und aus Büchern.

Meine wichtigsten Quellen waren:

(1) DocCheck Flexikon: https://flexikon.doccheck.com/de/Respiratorisches_System [zuletzt besucht am 13.03.2022].

(2) Website Lungeninformationsdienst: https://www.lungeninformationsdienst.de/praevention/grundlagen-atmung/atmung-was-ist-das/index.html [zuletzt besucht am 13. 03 2022].

(3) Website Lungeninformationsdienst: https://www.lungeninformationsdienst.de/praevention/grundlagen-atmung/aufbau-der-lunge/index.html [zuletzt besucht am13. 03 2022].

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